Vor der Grenze nach Georgien passieren wir eine endlose Schlange von LKWs die hier wohl stundenlang warten müssen. Die Einreise ist für uns allerdings absolut problemlos und gleich nach dem Schlagbaum warten jede Menge Schlepper darauf alles zu verkaufen was man braucht, oder auch nicht.
Wir wechseln unsere restliche türkische Lira zu einem Kurs der einem die Tränen in die Augen treibt und kaufen gleich noch eine SIM Karte und eine obligatorische Auto Versicherung für 30 Tage. Dann lassen wir das doch irgendwie geordnete Grenz Chaos hinter uns und fahren weiter nach Batumi. Die Stadt liegt im Süd Westen am Schwarzen Meer und hat in den letzten Jahren einen beispiellosen Investitionsboom erlebt. Zahlreiche Hotelneubauten und eine 7km lange Seepromenade sind entstanden und die Zahl der Touristen hat sich vervielfacht. Wir bummeln bei subtropischen Temperaturen einige Stunden durch die Altstadt und spazieren durch die Parkanlagen, aber dann zieht es uns weiter ein paar Kilometer nördlich an den Strand wo wir ein paar Tage bleiben.
Dann geht es weiter in den hohen Kaukasus nach Swanetien im Nordosten des Landes. Wir passieren den Iguri Staudamm der mit 271m eine der höchsten Bogenstaumauern der Welt hat. Kurz vor Mestia biegen wir in ein Seitental ab und stellen uns dort auf eine Almwiese in malerischer Umgebung mit Blick auf die Gletscher der 3000 bis 4000m hohen Berge. Am nächsten Tag machen wir eine ausgedehnte Wanderung zu einem Wasserfall am Fuß des Ushba Gletschers die uns mit 18km und einigen Höhenmetern einiges abverlangt. In der Nähe unseres Lagerplatzes stehen noch Irene & Helmut aus Germering mit einem Fuso und Ueli und Vreni aus Basel mit Bi-Mobil mit denen wir einen netten Abend am Lagerfeuer verbringen.
Mestia liegt auf 1400m Höhe und wurde zu einem ganzjährigen Ferienzentrum ausgebaut. Im Winter wird hier Schi gefahren und im Sommer sind Heerscharen von Backpackern zum Wandern unterwegs. Der Ort hat einige Wehrtürme und Kirchen die auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes stehen. Wir bummeln rum und schauen uns das Matschubi Familienmuseum an. Ein Matschubi ist ein Gebäude, in dem Mensch und Tier in einem Raum leben. Es besteht aus einem Wohnhaus aus dem 12. Jahrhundert und einem Wehrturm aus dem 8. Jahrhundert, sowie einer kleinen Familienkapelle mit eigenem Friedhof. Über dem Raum für die Tiere befanden sich auf Brettern Matratzen zum Schlafen wobei die Wärme der Tiere ausgenutzt wurde. Eigentlich wollten wir von dort über Ushguli und weiter nach Lentheki fahren um nicht die ganzen 150km wieder zurückfahren zu müssen. Wir erkundigen uns bei der Polizei über den Zustand der Strecke und er rät uns, sofern wir unser Fahrzeug hinterher noch brauchen, davon ab. Für die 40km bis Ushguli muss man alleine mindestens 4 Stunden rechnen und dann wird die Piste wohl erst richtig schlecht. Da wir MOMO noch einige Zeit genießen wollen streichen wir den Teil und fahren am nächsten Tag durchs Tal wieder zurück.
Auf dem Weg nach Kutaisi kommen wir am Martvili Canyon vorbei wo Fossilien von Dinosauriern gefunden wurden. Man kann den Canyon von Stegen aus sehr gut besichtigen und auch eine kleine Bootstour machen. Für die Nacht stellen wir uns auf eine Wiese am Fluss umgeben von Kuhherden und Schweinen.
In Kutaisi müssen wir mal wieder Wäsche waschen und fragen bei einem Hotel ob wir uns dort auf den Parkplatz stellen und ihre Waschmaschine benutzen können. Gegen Abend besichtigen wir die 1000 Jahre alte Bagrati Kathedrale und gehen anschließend im Stadtzentrum essen und bummeln durch die nett beleuchtete Stadt. Wir wohnen oben am Berg und praktischerweise führt dort eine alte Seilbahn hinauf die wir auf dem Rückweg ausprobieren.
Wir fahren weiter Richtung Süden in die Region Samzche-Dschawachetien. In Atskuri haben wir eine Adresse von einem Hostel wo man im Hof stehen und sich von der Hausfrau ganz ausgezeichnet bekochen lassen kann. Das probieren wir dann auch aus und nach einem mehr als üppigen Mahl mit georgischem Wein geht es dann noch in die Sauna, die der Hausherr extra für uns anheizt. Ein wirklich netter Abend.
Unsere nächste Station ist die Altstadt und Festungsanlage von Akhaltsikhe. Eine sehr schön restaurierte Anlage aus dem 12. Jahrhundert mit einer Kirche, einer Moschee und einer Synagoge auf einem 7 ha großen Gelände. Bei schönem Wetter hat man tolle Fotomotive, aber insgesamt sieht es etwas steril aus und von Mittelalter ist nicht viel zu spüren.
Da gefällt uns das Felsenkloster von Vardzia schon besser. Alleine die Anfahrt durch das enge Tal ist schon die Mühe wert. Das Kloster ist hoch oben an einer 500m hohen Wand in den Felsen gehauen. Über steile Serpentinenwege und Leitern kann man von Kammer zu Kammer klettern und sich alles anschauen. Das Kloster ist eigentlich eine komplette Stadt die im 12. Jahrhundert erbaut wurde. In besten Zeiten lebten hier bis zu 800 Mönche und in Kriegszeiten bot es Zuflucht für bis zu 50.000 Menschen.
Auf dem Weg Richtung Tiflis wollen wir nochmal an einem See übernachten. Dummerweise haben wir dabei übersehen, dass dieser auf 2300m im Nirgendwo liegt. Wir fahren eine unbefestigte Piste am See entlang und kommen durch kleine Ortschaften mit Häusern bei denen man sich nicht vorstellen kann, dass dort jemand lebt, ist aber so. Es weht ein eisiger Wind, die Temperatur fällt auf 7 Grad und dann kommt auch noch Nebel auf. Da sind wir schon froh über unser gemütliches Zuhause und verzichten gerne auf unseren "Morgenschwimm".
Wir umfahren Tiflis weiträumig und kommen nach Kachetien, in die Weingegend im Südosten von Georgien. Auf dem Weg besuchen wir das kleine Kloster Ninotsminda das auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Direkt an der Grenze zu Aserbaidschan liegt das Kloster David Garedscha aus dem 6. Jahrhundert mit einer langen und leidvollen Geschichte die in der Osternacht 1615 in einem Massaker der Mongolen gipfelte, wobei 6000 Mönche ermordet wurden. Das Kloster ist heute noch aktiv und wenn man nach 15km Schotterpiste ankommt sieht man auf den ersten Blick nicht viel. Erst wenn man den Berg hochkraxelt und das Ganze von oben anschaut erschließt sich einem die Schönheit der Anlage.
Nun wollen wir aber endlich mal den hochgelobten georgischen Wein probieren und fahren zu einem Weingut das an unserer Strecke liegt. Offensichtlich kennen das aber auch andere Leute und als wir gegen 17:00 ankommen ist dort noch alles voll mit Tourbussen. Aber eine Stunde später sind wir fast alleine. Dumm nur, dass die zwei Männer die die Weinverkostung machen am Nachmittag wohl auch kräftig mitgetrunken haben und kaum noch einen geraden Satz rausbringen. Wir probieren einige weiße und rote Weine können den Hype, der zurzeit um diese Weine gemacht wird, aber nicht so ganz nachvollziehen. Das Abendessen genießen wir in dem schönen tropischen Garten und für die Nacht können wir auf dem Parkplatz vorm Haus stehen bleiben.
Leider fängt es nachts an zu regnen und die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist gar nicht gut. In der Nähe liegt das Städtchen Sighnaghi, laut Reiseführer eines der interessantesten Orte Georgiens und das wollen wir uns natürlich anschauen. Die Stadt liegt auf einem Hügel und von oben hat man einen wunderbaren Blick auf das Tal und die schneebedeckten Berge des großen Kaukasus. 75% der Häuser sind aus dem 17. und 18. Jahrhundert und stehen unter Denkmalschutz. Bei unserem Besuch hat das Wetter nicht so richtig mitgespielt und die vielgepriesene Schönheit des Ortes hat sich uns daher nicht so recht erschlossen.
Es bleibt trüb, regnerisch und kalt und wir fahren nach Tiflis. Gleich um die Ecke der iranischen Botschaft finden wir einen Stellplatz in einer Sackgasse von wo wir mit öffentlichen Bussen alles bequem erreichen können. Voll motiviert stehen wir am Montagmorgen um 10 Uhr an der Botschaft um unser Visum zu beantragen nur um zu erfahren, dass erst am Mittwoch wieder gearbeitet wird. Also machen wir erstmal eine Stadtbesichtigung. Mit dem öffentlichen Sammeltaxi, die hier Marschrutka heißen, sind wir schnell am Freiheitsplatz, einem guten Ausgangspunkt von dem man alle Highlights bequem zu Fuß erreichen kann. Tiflis ist eine Stadt mit vielen Gesichtern. Von alten und halb verfallenen Gebäuden bis zu hochmodernen Neubauten ist alles zu finden. Die Altstadt wird dominiert von den Schwefelbädern und der Festung Narikala. Leider bleibt das Wetter an den ersten beiden Tagen regnerisch und trüb bis maximal 20 Grad, aber immer noch besser als im August hier zu sein wo die Temperaturen oft 45 Grad und mehr erreichen. Mittwochs stehen wir wieder an der Botschaft und diesmal ist sogar geöffnet. Ein paar Tage zuvor hatten wir uns schon eine Referenznummer über das Reisebüro Saba Tours in München besorgt und so lief alles problemlos. Wir geben die Pässe ab, müssen je 50 Euro Gebühr auf der Bank einzahlen und am nächsten Morgen können wir unsere fertigen Visa abholen. Keine Fragen, keine mehrseitigen Anträge zum Ausfüllen und zum Schluss wünscht man uns noch auf Deutsch einen schönen Urlaub. Wir sind sehr angenehm überrascht. Danach geht es nochmal in die Stadt denn heute ist Sonnenschein und wir wollen unbedingt die Highlights nochmal in einem besseren Licht fotografieren.
Wir verlassen Tiflis in Richtung Norden und fahren die georgische Heerstraße hoch bis ins Truso Tal auf 2100m, nur ein paar Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Dort bleiben wir zwei Tage und machen eine schöne Wanderung ins Tal, das nach ein paar Kilometern in ein Hochtal mündet. Hier entspringen einige Thermalquellen und durch das warme Wasser haben sich Kalkablagerungen und Verfärbungen gebildet, ähnlich den Sinterterrassen in Pamukkale, Türkei. Hier leben auch noch einige wenige Osseten, die kein Georgisch, sondern nur Russisch sprechen, in extrem ärmlichen Verhältnissen. Die meisten Häuser sind mittlerweile allerdings verlassen und verfallen.
Kurz vor der russischen Grenze liegt der Ort Stepanzminda auf 1800m. Schon vom Hauptplatz sieht man hoch oben am Berg die Zminda-Sameba Kirche (heilige Dreifaltigkeitskirche) aus dem 14. Jahrhundert. Um die 500 Höhenmeter dorthin zu überwinden muss man eine steile Serpentinenstraße hinauffahren die oberhalb der Baumgrenze auf dem Parkplatz endet. Dort stellen wir uns hin für die Nacht mit einer herrlichen Aussicht auf die Kirche und die schneebedeckten Berggipfel. Die Kirche ist Wallfahrtsort und darf nur in angemessener Bekleidung, d.h. lange Hosen und Frauen müssen ein Kopftuch tragen, betreten werden. Am nächsten Morgen kommt mal für ein paar Stunden die Sonne und aus unserem Schlafzimmerfenster haben wir einen tollen Blick auf den 5033m hohen Kasbek.
Auf dem Rückweg nach Tiflis kommen wir in der Nähe des Kreuzpasses an einem Friedhof für deutsche Kriegsgefangene vorbei die hier zum Straßen -und Tunnelbau eingesetzt wurden. Nicht zu übersehen ist ein paar Kilometer weiter ein halbkreisförmiges, 70m langes Monument das 1983 aus Anlass der 200-jährigen Russisch-Georgischen Freundschaft errichtet wurde. Von der Aussichtsplattform hat man einen schönen Blick ins Tal. Den Weg säumen noch weitere Klöster und Kirchen von denen wir uns noch die Ananuri Kirchenfestung aus dem 17. Jahrhundert anschauen, die man am nordwestlichen Ufer des Stausees von Shinwali liegt. Hier finden wir auch einen schönen Übernachtungsplatz direkt am See.
In Tiflis bekommt MOMO noch einen wohlverdienten Service und dann geht es zügig weiter bis zur Grenze von Armenien. Was wir dort erleben erfahrt ihr dann wie immer im nächsten Blog. Bis dahin viel Vergnügen beim Lesen und Bilder anschauen.
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Marion Kabbe (Mittwoch, 18 September 2019 09:55)
Danke für Euren faszinierenden Bericht und die herrlichen Bilder. Wir sind ganz begeistert von Eurer Reise und sind gern dabei.
Gute Weiterfahrt !
Manfred Witzstrock (Mittwoch, 18 September 2019 13:26)
Wie immer ein spannender und toller Bericht. Wünschen Euch weiterhin viele Abenteuer und dass Momo wie bisher gut durchhält.
Liebe Grüße vom Bodensee.
Margit und Manni
Christian Hütwohl (Donnerstag, 19 September 2019 11:31)
Danke für diesen Reisebericht. Sind gerade in der Planungsphase für unsere Georgien/Armenien Reise 2020 und werden einige eurer Tips einbauen. Weiterhin eine gute Reise!
Grüsse aus der Schweiz, Christian (www.benny-goes-overland.ch)
Lisbeth & Leo Knecht (Donnerstag, 19 September 2019 12:13)
Vielen Dank für euren wieder sehr interessanten Bericht.
Weiterhin ganz viele tolle Eindrücke. Wir freuen uns jetzt schon auf eure Erzählungen aus Armenien.
Bleibt gesund und passt auf euch auf.
Mit lieben Grüssen aus der Schweiz
Lisbeth und Lo
Heike Künzel (Donnerstag, 19 September 2019 18:04)
Vielen Dank für die tollen Bilder und Eindrücke. Wir sind Euch auf den Fersen und folgen Euren Tipps.
Ruth und Fredy (Freitag, 20 September 2019 19:31)
So spannend. Danke euch und weiterhin interessante Reise! Wir sind im Endspurt nach Südamerika.
Liebe Grüesse Ruth und Fredy, Schweiz
Kessler (Montag, 23 September 2019 16:10)
Herzlichen Dank für den tollen Bericht und die wunderschönen Fotos. Es macht einem sofort an dort hin zu reisen. Liebe Grüsse aus Canada ��. Claudia und Thomy
Elisabeth&Kurt Jud (Donnerstag, 26 September 2019 13:40)
Unsere Lieben
Schön so mit euch reisen zu dürfen!
Es kommt uns vor als wären wir erst gestern mit euch durch die Marokkanische Wüste gefahren und schon seit ihr bald im Iran! Auf dieses interessante Land freue ich mich ganz besonders! Gruss aus Zug Elisabeth&Kurt