Texas ist riesig und hat nach Alaska mit 695.621qkm die zweitgrößte Fläche aller USA Staaten und mit über 26 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Bevölkerungszahl nach Kalifornien. Im Vergleich zu Deutschland, wo bei der Hälfte der Fläche 230 Einwohner auf einen qkm kommen, sind es hier gerade mal 37.
Von den Carlsberg Caverns kommend passieren wir bald die Staatsgrenze von Texas. Bei nasskaltem Regenwetter fahren wir über endlose und langweilige Straßen in Richtung Big Bend National Park. Rechts und links ist nix, und wenn dann mal ein Ort kommt sind die Häuser verfallen und überall liegt Schrott rum. Die Gegend ist geprägt durch die Ölindustrie was zur Folge hat, dass ständig große LKWs unterwegs sind und der Straßenzustand dementsprechend schlecht ist. Wir haben auf jeden Fall selten so viel Trostlosigkeit gesehen und können so halbwegs nachvollziehen warum Trump mit seinen markigen Sprüchen hier punkten konnte. Wohlweislich verzichten wir daher auch auf den RV Aufkleber „We dump Trump“.
Für die Nacht stoppen wir im Statepark von Balmorhea. Der Campground hat einen riesigen Pool der von einer Quelle gespeist wird und soll weltweit der größte dieser Art sein. Hier lernen wir dann auch, dass bei allen Stateparks in Texas zusätzlich zur Campingplatzgebühr auch noch ein Eintritt pro Person erhoben wird. Das finden wir nun gar nicht so witzig, zumal es in Texas in der Wildnis auch kaum Plätze gibt wo man sich umsonst hinstellen kann, bzw. darf.
Unser erster Tag in Texas war also schon mal ein „voller Erfolg“ und es konnte eigentlich nur noch besser werden. Und tatsächlich, am Morgen empfängt uns strahlender Sonnenschein, die Landschaft wandelt sich von trostloser Einöde zu einer tollen Berglandschaft und wir steuern als erstes Fort Davis an. Um die Reisenden und die Posttransporte in West-Texas vor den Überfällen der Apachen und Comanchen zu schützen, wurde 1848 dieses Fort errichtet und war bis 1891 aktiv. Die historischen Überreste stehen heute unter Naturschutz und in einem Besucherzentrum wird die Geschichte des Forts erklärt.
In der Nähe von Fort Davis ist das McDonald Observatorium auf dem Mount Locke in 2100m Höhe. Im Gegensatz zum VLA Radio Teleskop wird hier mit optischen Teleskopen ins Weltall geschaut. Wir machen eine Führung von zweieinhalb Stunden, sehen live Bilder von Sonneneruptionen und bewundern zwei der größten Teleskope weltweit. Bereits 1939 wurde hier ein 2,1m Teleskop in Betrieb genommen, zu dieser Zeit das zweitgrößte der Welt. In den 60er Jahren wurde dann das Harley J. Smith Teleskop mit 2,7m installiert das wir aus nächster Nähe anschauen konnten. Den Abschluss bildete dann das Hobby Eberle Teleskop mit einem Hauptspiegeldurchmesser von 9,2m, das in einem Gemeinschaftsprojekt von verschiedenen Universitäten, unter anderem der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Georg-August-Universität in Göttingen, entwickelt wurde. Die Nacht verbringen wir im Davis Mountain State Park in der Nähe. Mittlerweile haben wir uns auch einen Texas Statepark Jahrespass gekauft und sparen uns damit zumindest den Eintritt.
Weiter geht es durch eine atemberaubende Landschaft zum Big Bend Ranch State Park. Die Straße gleicht einer Achterbahnfahrt und die 50 Meilen durch den Park zählen mit zu den schönsten Strecken in USA. Unterwegs machen wir zwei schöne Wanderungen in einen Canyon und zu den Hoodos und finden dann tatsächlich einen gut versteckten Platz am Fluss wo wir gleich neben dem Schild „no overnight camping“ die Nacht verbringen.
Vom State Park geht es dann weiter in den riesigen Big Bend Nationalpark. Hier wollen wir nun eine gute Woche verbringen und den Park entdecken. Doch das Ganze ist nicht so einfach wie wir uns das vorstellen. Für Backcountry Camping braucht man ein Permit was ja noch ok ist. Aber leider muss man sich zusätzlich festlegen wo in dieser riesigen Wildnis man abends sein will und diesen Platz dann reservieren, und das für alle Plätze im Voraus, in unserem Fall also für 7-10 Tage. Also nix mit spontan sein, wir fahren rum, der Platz gefällt uns, hier bleiben wir. Außer Backcountry Plätzen gibt es noch drei normale Campingplätze im Park und nach einer schönen Wanderung in einen Canyon gehen wir erstmal auf einen und wälzen das umfangreiche Info Material und versuchen einen Plan für die nächsten Tage zu machen. Ein schwieriges Unterfangen, zumal die zahlreichen Offroad Strecken bestenfalls für Jeeps geeignet sind und nur bedingt für 11 Tonnen Monster wie MOMO. Aber wir kommen immerhin zu einem Ergebnis und am nächsten Morgen reservieren wir für einige Nächte verschiedene Back Country Campingplätze. Danach machen wir erstmal eine kleine 8km Wanderung zu den „Eselsohren“ wo mitten in der trockenen Einöde eine Quelle sprudelt. Auf dem Rückweg ziehen schon rundum Wolken auf und so fahren wir gleich zu unserem ersten Übernachtungsplatz für den wir 12km über eine unbefestigte Straße rumpeln müssen, die aber mit MOMO gut zu machen ist. Belohnt werden wir durch einen grandiosen Stellplatz am Rand eines Canyons.
Am nächsten Morgen machen wir eine schöne Wanderung zum Balanced Rock und sehen dabei auch ein paar Javelinas, eine Wildschweinart die im Park heimisch ist. An den folgenden Tagen vertreiben wir uns die Zeit auf verschiedenen Backcountry Campgrounds und machen einige Wanderungen in der jeweiligen Umgebung. Aber zu sehen gibt es dort eigentlich nicht allzu viel, außer Kakteen, stachligem Gestrüpp und weitgehend unzugänglichem Gelände. Hinzu kommt eine Luftfeuchte unter 15% die uns ganz schön zu schaffen macht. Wir möchten uns gar nicht vorstellen wie das hier im Sommer ist wenn 50 Grad Tagestemperatur die Regel sind. Jetzt, im Januar, ist alles noch halbwegs erträglich, obwohl wir an einem Tag auch schon 39 Grad messen. Absolut gigantisch ist allerdings der nächtliche Sternenhimmel ohne den Einfluss fremder Lichtquellen. Viel zu selten kann man das in unserer dichtbesiedelten Welt heutzutage noch erleben.
Nach ein paar Tagen in der Wildnis fahren wir hoch auf 1500m und gehen auf den Chisos Basin Campground. Die Gegend hier ist völlig anders als im Tiefland und in der wilden Gebirgslandschaft gibt es Bären und Berglöwen die wir aber leider nicht zu Gesicht bekommen. Die Nächste sind eiskalt um null Grad, aber tagsüber scheint die Sonne und wir machen eine schöne Wanderung zum Window mit toller Aussicht ins Tal.
Danach geht es wieder runter in den Süden des Parks für ein paar weitere Wanderungen zum Boquillas Canyon und den Hot Springs. Hier ist Mexiko nur einen Steinwurf entfernt und die Mexikaner kommen „illegal“ über den Fluss, der die Grenze markiert und legen ihre Souvenirs aus in der Hoffnung, dass die Touristen ein paar Dollar erübrigen können. Nach einer letzten Übernachtung im Backcountry verlassen wir dann den Park.
Und wieder geht es Meile um Meile über endlose Highways. Wenn mal ein Ort kommt sind die Häuser weitgehend verfallen und rundherum gibt es wirklich nichts was einen motivieren könnte hier ein paar Tage zu verweilen. Etwas größere Orte sehen alle gleich aus mit jeder Menge Fast Food Ketten und Shopping Zentren. Eine Innenstadt wie wir sie kennen, gibt es eigentlich nicht und der Amerikaner steigt auch in der Regel nur sehr ungern aus seinem Auto aus. „Drive Thrus“ gibt es daher hier für fast alles. Für Fast Food ja sowieso, wobei uns neu war, dass die Leute ihre Bestellung zum Wagen gebracht bekommen während sie auf einem nummerierten Parkplatz warten. Aber egal ob Bankschalter, oder Apotheke, sogar beim Bäcker haben wir einen gesehen. Nur den Friseur muss man wohl oder übel noch zu Fuß aufsuchen.
Das einzige „Highlight“ unterwegs ist die Brücke über den Rio Pecos und das Roy Bean Museum in Langtry. Hier hat sich um 1880 Roy Bean, der als Gesetzloser auf der Flucht war, zum Richter erklärt, um dann mit eiserner Hand die Gesetzlosigkeit in der Gegend zu beenden. Jahre später kommt er dann bei einer Schießerei ums Leben. Ein klassischer Stoff für Wildwestfilme.
Endlich kommen wir nach San Antonio, der ältesten Stadt in Texas, und gehen dort für ein paar Tage auf einen Campground mit guter Busverbindung in die Innenstadt. Touristenmagnet ist der Riverwalk, eine mehrere Meilen lange Promenade am Fluss entlang, die gesäumt ist von unzähligen Restaurants und Geschäften mit Preisen Jenseits von Gut und Böse. Für zwei Hamburger und zwei Bier sind locker $50 fällig. Am schönsten ist noch die einstündige Flussfahrt die einen guten Überblick bietet. Geschichtsträchtig, zumindest für amerikanische Verhältnisse, ist das „Fort Alamo“ wo sich zu Zeiten des Unabhängigkeitskrieges ein paar hundert Revolutionäre fast 2 Wochen gegen tausende von Mexikanern verteidigt haben, bevor sie dann alle massakriert wurden. Blutig gerächt wurde das dann einige Zeit später bei der Schlacht von Jacinto wo die Mexikaner 1836 vernichtend geschlagen wurden und in deren Folge Texas unabhängig wurde und später als 28 Staat in die amerikanische Union aufgenommen wurde. Im Außenbezirk gibt es noch drei alte Franziskaner Missionen von denen wir uns San Jose und Concepcion anschauen.
Dann geht es weiter ins Hillcountry wo sich um neuzehnhundert viele deutsche Auswanderer angesiedelt haben. Dementsprechend heißen die Orte auch Gruene und New Braunfels, mit vielen schönen Kolonialhäusern und alten Geschäften aus dem vorigen Jahrhundert. Wir besichtigen ein Western Museum und dann kommen wir doch tatsächlich an der „Leyendecker Road“ vorbei. Meine Urahnen müssen also auch schon mal hier gewesen sein. In Gruene bleiben wir für die Nacht und gehen am Abend in die alte Dance Hall. Aber leider war die Swing Band nicht so toll und die Musik nicht so unser Ding, sodass wir gleich wieder den Rückweg angetreten haben.
Zwischendurch müssen wir auch mal eine Werkstatt aufsuchen, weil MOMO abgeschmiert werden muss. Aber die Suche danach gestaltet sich mehr als schwierig. Was die letzten 4 Jahre überhaupt kein Problem war ist hier nicht so einfach. Selbst ein einfacher Ölwechsel wird von vielen Werkstätten nicht durchgeführt, weil sie dafür nicht akkreditiert sind. Unser MOMO wird zwar allseits bestaunt, aber Service technisch kennt das Fahrzeug kaum einer.
Wir fahren weiter durchs Hillcountry und Ortschaften wie Comfort, Kerrville und Fredericksburg die alle sehr Deutsch geprägt sind, bis nach Luckenbach. Luckenbach gibt es seit 1849 und ist Kult, und spätestens seit der Country Sänger Waylon Jennnigs darüber ein Lied geschrieben hat, auch weltweit bekannt. Es gibt dort eigentlich nur die Dance Hall, den General Store und einen kleinen Saloon wo jeden Nachmittag Jam Sessions stattfinden. Abends ist live Musik in der Dance Hall mit den Shiny Ribs, einer Mischung aus Rock, Country und Showband. Wir sind die einzigen Touristen und erleben die Leute, die hier im Texas Country wohnen, mal so richtig live. Ein sehr netter Abend.
Es ist saukalt mit Nieselregen und wir fahren weiter und besuchen in der Nähe die Ranch von Lyndon B. Johnson, dem 36. Präsident der USA. Es ist ein riesiges Gelände auf dem wir gut 5 Meilen mit dem Auto zurücklegen. Lyndon B. Johnson hat schon in den 60er Jahren „sein“ Homeoffice etabliert und am liebsten von seiner Ranch aus gearbeitet. Das Gebäude galt daher auch in seiner Amtszeit als das „Texas White House“ wo Staatsgäste aus aller Welt empfangen wurden. Eine Führung durch das Haus, wo alles noch genauso hergerichtet ist wie in den 60er Jahren, gibt einen sehr guten Einblick wir er damals gelebt und gearbeitet hat.
Dann geht es weiter bis in die Millionenstadt Houston wo wir das Glück haben tatsächlich 2 neue Reifen zu bekommen. Die Straßenführung in Houston motiviert uns nun nicht gerade zu einer ausgedehnten Stadtbesichtigung, aber zumindest schauen wir uns das Jacinto Battlefield an wo auch noch ein Schlachtschiff liegt, das den ersten und den zweiten Weltkrieg überlebt hat und heute als Museum hergerichtet ist. Danach müssen wir natürlich ins Houston Space Center. Hier ist das komplette Weltraumprogramm der NASA ausgestellt und wir lassen uns gut 3 Stunden Zeit um alles anzuschauen. Am faszinierendsten fanden wir das Mars Programm das in den frühen 2030er Jahren vier Astronauten auf den Mars und wieder zurückbringen soll. Eine Reise von 3 Jahren. Was dazu an Raumschiffen und Fahrzeugen entwickelt wird ist wie Science Fiction, aber heute schon Realität. Und natürlich können wir das historische Command Center sehen wo alle Apollo Missionen inklusive der Mondlandung 1969 gesteuert wurden und auch die legendäre Apollo 13 Mission (Houston, we have a problem) erfolgreich zur Erde zurückgebracht wurde.
Wir verlassen Houston und fahren weiter in den Brazos Bend State Park, ein riesiges Gelände an einem Fluss mit Alligatoren und jeder Menge Vögel. Alleine die Strecke von Eingang bis zum Besucherzentrum ist zwei Meilen. Das Wetter ist super schön und wir machen einige schöne Radtouren zu den beiden Seen im Park und am Fluss entlang.
Nach ein paar schönen Tagen geht es weiter in Richtung Galveston. Dort wollen wir ein wenig das Strandleben genießen. Doch dann kommt mal wieder alles ganz anders. Wir stehen vor einer Laundry in Richwood als es plötzlich an die Tür klopft. Draußen steht Justin mit seinem Kumpel Andy und hält uns ein Foto von einem Wohnmobil, ähnlich wie wir es haben, vor die Nase. Er hat in der Nähe ein Militär Museum mit Truck Werkstatt und lädt uns ganz herzlich ein paar Tage bei ihm zu verbringen. Da wir sowieso noch ein paar Kleinigkeiten an MOMO machen müssen fahren wir bei ihm aufs Gelände. Dort stehen jede Menge US Army Laster die er herrichtet und zum Teil auch für Filmaufnahmen vermietet. Abends geht es dann mit MOMO und seinem Truck an den Strand. Es wird so viel Holz verheizt wie wir normalerweise in einem Monat brauchen und wir verbringen einen netten Abend. Am nächsten Tag hat er dann ein Fun Programm der besonderen Art für uns. Zuerst dürfen wir einen echten Panzer fahren. Dann stellt er uns einen getunten Jeep Rubicon zur Verfügung mit dem wir an den Strand düsen und ausprobieren wie sich 350PS im Sand machen. Das Schild „Speed Limit 15m/h“ sehen wir Gottseidank noch rechtzeitig, bevor wir der Polizei begegnen. Mittags geht es dann mit einer Kolonne von Humvees (ist die Militärversion des Hummer) mit dem regionalen Hummer Club zum Mexikaner Mittagessen. Wieder zurück wird dann auf dem Hauseigenen Schießstand mit einer UZI und einem M16 scharf geschossen. Das war dann der Zeitpunkt wo sich Karin ins Wohnmobil verzogen hat. Der Umgang der Amerikaner mit Waffen ist wirklich sehr befremdlich für uns. In Texas darf jeder eine Waffe offen tragen. In vielen anderen Staaten auch, aber dann verdeckt. Bei Diskussionen ist also Zurückhaltung angesagt, man weiß ja nie. Und den Aufkleber „We don`t dial 911“ sollte man tunlichst ernst nehmen. Nach dem Wochenende helfen uns Justin, sein Mechaniker und Andy noch bei einigen Servicearbeiten, bevor wir dann weiterfahren.
Wir fahren an Galveston vorbei und an der Küste weiter nach Osten. Der Strand ist endlos aber lädt aufgrund der vielen Ölraffinerien nicht gerade zum Baden ein. Und so passieren wir bald die Staatsgrenze nach Louisiana. Aber was wir dort erleben erfahrt ihr dann wie immer im nächsten Blog. Bis dahin viel Spaß beim Lesen und Bilder anschauen.
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Manni (Dienstag, 28 Februar 2017 10:38)
Danke für den wie immer super Bericht und die tollen Bilder.
Bei uns tobt gerade die Fasnacht. Narri Narro
Karin (Dienstag, 28 Februar 2017 13:23)
Sehr interessant mal wieder von euren Abenteuern zu lesen, aber bei Texas habe ich jetzt nicht wirklich das "must see" Gefühl.
Da freue ich mich mehr auf die Südstaatenberichte - weiter so!
Herzlichst Karin und Heiner
Margit (Dienstag, 28 Februar 2017 13:58)
Narri Narro nach Texas und liebe Grüße an euch beide aus der Heimat.
Mar
Marion Kabbe (Dienstag, 28 Februar 2017 14:28)
Wieder ein toller Bericht und wieder Danke für die herrlichen Bilder. Bin wieder sehr gespannt auf die Fortsetzung
T&J (Mittwoch, 01 März 2017 13:50)
Klasse - !
weiterhin noch viel spass
Jürgen (Mittwoch, 05 April 2017 18:55)
Der einundsechzigste:
Der Mann auf dem Mond hat nicht schlecht gestaunt,
als Armstrong den Kumpels hat zugeraunt:
Das ist ja der Brüller,
da war einer schneller:
Im Panzer sitzt Manni, voll gut gelaunt!!
PP