Nachdem wir unseren Sohn Felix in Cartagena verabschiedet haben machen wir uns nochmal auf den Weg nach Zentralkolumbien um versäumte Highlights nachzuholen. Unser erster Stopp ist Mompox.
Die Stadt ist vom Westen her nur über den Wasserweg zu erreichen und wir müssen uns und MOMO einer völlig verrosteten Autofähre anvertrauen, die uns aber Gottseidank nach 2Std Fahrt sicher ans Ziel bringt. Die ganze Region ist feucht und sehr heiß und umgeben von unzähligen Wasserläufen. Alexander von Humboldt hat bei seinem Besuch in 1801 Mompox als die heißeste Stadt Amerikas bezeichnet. Ganz so schlimm ist es nicht, aber uns reicht es trotzdem. Wir übernachten als einzige Gäste etwas außerhalb auf einer schönen Hacienda mit Swimmingpool und fahren per Mototaxi in die Stadt. Der Ort wird nur von wenigen Touristen besucht, bietet aber jede Menge alte Kolonialgebäude und schöne Fotomotive.
Nach zwei Tagen geht es weiter, über zum Teil sehr schlechte Straßen, bis wir wieder die Haupt -Nord-Süd Verbindung erreicht haben. Wir quälen uns durch die
total verstopfte Großstadt Bucaramanga und lernen dabei einen neuen Trick zum Ausnehmen von Touristen kennen. Wir kommen nur im Schritttempo voran und plötzlich winkt einer wie verrückt, zeigt
auf unser Auto und erklärt uns mit Händen und Füßen, dass wohl etwas am Rad locker ist. Zufällig ist er gerade auch Mechaniker und ich soll mal rechts ran fahren damit er das richten kann. Wir
sind etwas verunsichert, da ich aber nichts merke fahren wir erstmal weiter. Hundert Meter weiter dann das gleiche Spiel und dann noch ein paar weitere Male, aber wir halten tapfer durch und
lassen uns nicht beeindrucken, auch wenn die Verunsicherung wächst. Später lesen wir dann im Südamerika Forum, dass dies wohl ein beliebter Bucaramanga Trick ist. Man lernt offensichtlich nie
aus. Wir übernachten hoch oben bei einer Gleitschirmschule mit einem schönen Blick auf die Stadt und beobachten tagsüber die Gleitschirmflieger. Durch die Temperaturdifferenzen zwischen
Startpunkt und Talkessel herrscht ein stetiger Aufwind und die Flieger können immer wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren.
Nach einem weiteren Fahrtag erreichen wir die Berge und nun werden die Temperaturen auch langsam wieder erträglicher. In San Gil rasten wir ein paar Tage an einem schönen Schwimmbad und sind die einzigen Gäste. Zum ersten Mal seit langem können wir auch wieder ohne Klimaanalage schlafen. Wir fahren ein paar Kilometer weiter nach Barichara, ein wunderschönes Kolonialdorf wie aus einem spanischen Western. Die gepflasterten Straßen und die weiß verputzten Häuser sehen noch genauso aus wie bei ihrer Entstehung vor 300 Jahren. Was uns aber am meisten beeindruckt ist die absolute Ruhe. Wir stehen am Rand vom Canyon mit toller Aussicht und abends ist es so still wie sonst eigentlich nur in der Wüste. Wir bleiben einige Tage, bummeln durch die Gassen, schlemmen in den diversen sehr guten Restaurants und lassen die Atmosphäre auf uns wirken.
Dann geht es weiter nach Villa de Leyva, ein hübscher von der Kolonialzeit geprägter Ort und mehr oder weniger Pflichtprogramm eines Kolumbien Urlaubers. Die ganze Altstadt steht seit 1954 unter Denkmalschutz und ist als architektonische Einheit mit gepflasterten Straßen und weiß verputzten Häusern erhalten. Der Hauptplatz, die Plaza Major, erhebt den Anspruch mit 120m mal 120m die größte Plaza in Kolumbien zu sein. Wir fanden das jetzt nicht so besonders, denn außer einem kleinen Brunnen in der Mitte ist da sonst nur ein großes Nichts. Wir beziehen einen schönen Platz im Hostal Renacer und freuen uns, dass wir Stefan & Petra mal wieder treffen die auch seit mehr als 2 Jahren mit ihrem KAT in Südamerika unterwegs sind. Unsere Wege haben sich in dieser Zeit schon des Öfteren gekreuzt und so ist die Freude groß und wir verbringen ein paar schöne Tage und Grillabende miteinander. Nicht versäumen möchten wir die in der Nähe liegenden Attraktionen und so chartern wir uns an einem Tag ein Taxi für eine kleine Rundfahrt. Villa de Leyva ist berühmt für eine Vielzahl von Fossilien aus der Kreidezeit, als das Gebiet unter Wasser lag. Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass diese auch als Baumaterial für Böden, Wände und Straßenpflaster genutzt wurden. Unser erster Stopp führt uns daher ins Museum El Fossil in dem unter anderem ein 120 Millionen Jahre altes Kronosaurus Baby-Fossil von 7m Länge ausgestellt ist. Weiter geht es zu einer archäologischen Anlage die mit Stonehenge verglichen wird, aber außer 115 Phallus ähnlichen Monolithen, deren geworfene Schatten einst dazu dienten die beste Zeit zum Pflanzen zu bestimmen, gibt es nicht viel zu sehen, oder wir verstehen das Ganze irgendwie nicht so richtig. Da ist das Terracotta Haus doch gleich um ein vielfaches faszinierender. Ein fast vollständig aus Ton erbautes „Märchenhaus“ des Architekten Octavio Mendoza der sich hier wohl selbst verwirklicht, und einen guten Geschmack im innenarchitektonischen Detail bewiesen hat. Den Abschluss unserer Rundfahrt bildet dann noch das schöne Kloster „Convento del Santo Ecce Homo“, das 1620 von Dominikanermönchen gegründet wurde.
Nach mehr als einer Woche „Urlaub“ in Villa de Leyva und einem netten Grill Abschiedsabend mit Petra & Stefan, Anders & Petra aus Schweden die eine Weltreise mit dem Motorrad machen und Sabine & Andy aus der Schweiz mit ihrem Toyota Landcruiser, geht es weiter in Richtung Bogota.
In dem kleinen Andendorf Nemocon besichtigen wir eine Salzmine. Ein 2,5km langer Weg führt uns in den 80m unter der Erde liegenden Salzstollen der gesäumt ist von aus Salz gehauenen
Schutzheiligen und einem herzförmigen tonnenschweren Salzkristall. Hier wurde kürzlich auch der Film LOS 33 mit Antonio Banderas gedreht, der Ende des Jahres in die Kinos kommt. Er handelt von
der dramatischen Rettungsaktion der 33 chilenischen Bergleute die im August 2010 in einer Mine in San Jose verschüttet, und nach 69 Tagen gerettet wurden. Die Requisiten des Films inklusive
der Rettungskapsel sind in der Mine ausgestellt.
Am nächsten Tag besichtigen wir dann in Zipaquira eine unterirdische Salzkathedrale. Die dreischiffige illuminierte Höhlenkirche ist mit einer Fläche von 8500qm die größte ihrer Art weltweit. Ein wahrhaft imposanten Gebilde das jährlich von mehr als 200.000 Menschen besucht wird.
Und dann geht es in die 8.5 Millionen Metropole Bogota, ein unglaublicher Moloch wo der krasse Gegensatz zwischen arm und reich an jeder Ecke sichtbar ist. Im Norden der Stadt wohnen die Wohlhabenden, aber je weiter man nach Süden kommt desto ärmer werden die Bewohner und Verzweiflung und Gewalt nehmen zu. Wir stellen uns auf eine bewachten Parkplatz in der Nähe einer Haltestelle des Transmillenium Systems, einem Schnellbusnetzwerk auf eigens dafür vorgesehenen Fahrbahnen, das eine fehlende U-Bahn ersetzt. Zuallererst müssen wir nun unsere Aufenthaltsgenehmigung verlängern, da wir schon wieder 90 Tage im Land sind. Der Stempel bei der Polizei gestaltet sich dabei noch einfach. Schwieriger wird es dann schon das Zollpapier für unser MOMO zu bekommen. Wir werden von Stelle zu Stelle geschickt nur um immer wieder zu hören, dass wir „hier“ nicht richtig sind. Kurz bevor der Tag zur Neige geht, und viele Taxi Kilometer später, schafft es aber tatsächlich doch noch ein netter Zollbeamter uns an die richtige Stelle am Flughafen zu schicken. Nachdem wir alle Papiere ausgefüllt und abgegeben haben erfahren wir, dass so viel zu tun ist und die Bearbeitung (ein Stempel aufs Papier) einige Tage in Anspruch nimmt. Wir bekommen das dann per E-Mail. Wer`s glaubt wird selig, und so ist es dann auch. Heute, gut 3 Wochen später, warten wir immer noch auf die Mail, die wohl nie kommt. Das wird sicher lustig bei der Ausreise, aber immerhin haben wir eine Bestätigung, dass wir den Antrag abgegeben haben. Wir nehmen uns noch etwas Zeit um die Highlights in Bogota zu besichtigen und zwängen uns in den Millenium Bus. Und wir können euch sagen, in der Rush Hour geht immer noch einer mehr rein. Dagegen ist das Gedränge in der U-Bahn beim Oktoberfest der reinste Kindergeburtstag. Zum Pflichtprogramm gehören ein Besuch des Gold- und Botero Museums und ein Bummel im alten Stadtteil Candelaria. Auf dem Weg zurück zur Busstation kommen wir dann plötzlich schlagartig für einen Straßenabschnitt von 200m in eine völlig andere Welt. Hier tobt das Leben auf der Straße, Händler ziehen ihre Karren, überall wird gehandelt und gefeilscht und irgendwie macht sich dann angesichts des bunten Treibens und der krassen Armut um uns herum auch noch ein mulmiges Gefühl bemerkbar und wir sind froh als wir die Busstation erreichen.
Von Großstadt haben wir nun genug, aber leider klappt das mit unserer Überfahrt nach Panama nicht so, wie ursprünglich für Ende September geplant. Wir müssen auf den 8. Oktober verschieben und erfahren dann ein paar Tage vorher, dass das Schiff verspätet ist und erst ca. Mitte/Ende Oktober fährt. So tingeln wir also in Kolumbien rum verbringen ein paar Tage etwas außerhalb von Bogota in Facatativa in einem schönen Park und einen Großteil der Zeit gemeinsam mit Stefan in Villa de Leyva. Anfang Oktober fahren wir nochmal an die Küste auf unseren Lieblings-Campingplatz Casa Grande. Wir warten und warten und warten auf ein endgültiges Verschiffungsdatum von unserem Agenten, aber die Kommunikation ist sehr spärlich und irgendwann haben wir genug vom Warten und fahren nach Cartagena um das Ganze vor Ort zu klären. Wir mieten uns ein Apartment in Bocagrande mit Blick aufs Meer, Klimaanlage und Waschmaschine, und harren nun der Dinge die da kommen sollen, oder auch nicht.
Wir sind sehr gespannt wie und ob das alles so klappt wie geplant und werden euch natürlich gerne ausführlich von unserem Verschiffungsabenteuer berichten, zumal wir ja planen mitzufahren und der Törn ca. 12 Tage geht, weil wir über Florida fahren, obwohl Panama ja eigentlich gerade um die Ecke ist. Bis dann und hoffentlich aus Panama. Hasta luego.
Kommentar schreiben
Anna Singer (Freitag, 16 Oktober 2015 08:48)
Hallo ihr 2 !!! Wie immer ein wunderbarer interessanter Bericht. Schön,dass es euch gut geht.
Liebe Grüße und weiterhin eine gute Zeit!
Anna
Sissi (Freitag, 16 Oktober 2015 15:52)
Schöne Fotos! Wir sind auch mitgefahren,RoRo mit der SC line. Polnische Mannschaft, es gab Sauerkraut usw. Swimming pool mit Haifisch......Viel Spass
Vale und tobi von www.globetourists.ch (Samstag, 17 Oktober 2015 02:41)
Sind per zufall auf eure seite gestossen..
Tolle Sache mit eurer Reise und euerm super Mobil!! Richtig abenteuerlich ..!!
Weiterhin gute Reise und liebe grüsse aus Salento -colombia
Vale +Tobi
Margit und Manni (Montag, 19 Oktober 2015 13:48)
Wie immer toller Bericht. Freuen uns schon auf den nächsten.
Liebe Grüße vom Bodensee, und gute Überfahrt.
Jürgen (Montag, 14 Dezember 2015 15:15)
Der achtunddreissigste:
Zum Essen kein Salz auf dem Tisch mehr da?
Dann muss man nicht fahren bis Bogota!
Hol' Salz mit ner Schale
aus der Kathedrale,
vergiss' nicht zu beten, dann schmeckt's sogar!
PP
Marion (Sonntag, 09 Oktober 2016 14:22)
Bin begeistert .... und irgendwie dabei! Ist vieles auch mit einem " normalen Reisemobil" zu schaffen?